"Maikäfer flieg!" - Denn Gift ist keine Lösung!

Erfolgreicher Protest 2009/2010

Zum Jahresende rief der NABU Darmstadt dazu auf, Einsprüche gegen den großflächigen Gifteinsatz gegen Maikäfer im Ried an die Hessische Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, damals noch Silke Lautenschläger, zu senden:

 

"Sehr geehrte Frau Ministerin Lautenschläger,

Ihr Ministerium wirbt im Internet für eine nachhaltige, umweltverträgliche Waldbewirt-schaftung. In der bekannt gewordenen Aktion zur Vergiftung von Maikäfern im hessischen Ried und darüber hinaus sehe ich eine schwerwiegende Verletzung dieser Grundsätze. Deshalb protestiere ich entschieden gegen diese Maßnahme.

Der Schaden aus einer großflächigen Besprühung mit einem Insekten­ver­nich­tungsmittel der vorgeschlagenen Art ist nicht kalkulierbar, weder an Pflanzen, noch an Tieren, vermutlich nicht einmal an Menschen. Die breit gestreute Ver­nich­tung von Insekten und die Vergiftung von Tränken für Vögel und kleine Säugetiere rauben der Tierwelt einen entscheidenden Bestandteil ihrer Lebens­grundlage. Ich lebe in der betroffenen Region und möchte auch vor diesen Gift­stof­fen geschützt werden. Ich bitte Sie deshalb, die Sprühaktion im hessischen Ried zu untersagen.

Mit freundlichen Grüßen"

Zeichnung: © Jennie Bödeker
Zeichnung: © Jennie Bödeker

Unsere Gründe für den Protest 2009/10 gelten bis heute:

Kurzsichtige Aktion gegen Maikäfer – Ihr Protest kann helfen

Das Land Hessen erwartet 2010 ein starkes Maikäferaufkommen und bangt um die Qualität des Waldes im Ried. Es beabsichtigt, gegen die Maikäfer großflächig mit einem Insekten­ver­nich­tungs­mittel vorzugehen. Damit sollen der Kahlfraß an Bäumen und die starke Vermehrung verhindert werden. Dies soll durch die Besprühung großer Waldflächen mittels Hubschrauber erfolgen.

Zu diesem Zweck will das Land nach Informationen des NABU das BASF-Präparat „Perfekthion“ einsetzen, das in der Landwirtschaft gegen viele Arten von Insekten ge­spritzt wird. Der Hersteller gibt für bestimmte Anwendungen eine genaue, erprobte Dosierung an. Für den Wald mit seinen verschiedenen Pflanzenarten kann es keine einheitliche, verträgliche Mischung geben. BASF schließt die Haftung für eine solche Anwendung explizit aus! Für Bienen, Vögel und Fische ist Per­fek­thion giftig. Menschen, die damit arbeiten, müssen sich am gan­zen Körper davor schützen. Nicht zu vergessen ist die Zeit nach der Versprühung, bis das Präparat abgebaut ist. In der Land­wirt­schaft gelten Wartezeiten für die Verwendung von besprühten Pro­duk­ten je nach Verdünnung zwischen 2 und 5 Wochen. Aus gesund­heitlichen Gründen müsste das Land Hessen den Wald für längere Zeit für die Erholung sperren. Soweit die Absicht der Landes­be­hör­den.

Wir von der NABU Ortsgruppe Darmstadt kritisieren die vorge­sehene Vergiftung der Mai­käfer aus mehreren Gründen:

1.    Es ist nicht geprüft, welche Waldpflanzen – und das sind mehr als Bäume - das vorgesehene Präparat vertragen, so dass Blütenpflanzen geschädigt werden können.

2.    Das Präparat wird von BASF für die Abtötung kleinerer Insekten angeboten. Darunter sind auch gefährdete Arten, insbesondere Schmetterlinge. Die Vergiftung macht kei­nen Unterschied zwischen diesen und den Käfern.

3.    Der Einsatz gegen Maikäfer leert den Wald von einem breiten Spektrum von Insekten, unabhängig davon, ob sie erwünscht oder unerwünscht sind.

4.    Diese Insekten sind gleichzeitig Futter für unsere Singvögel, von denen sich während der Spritzaktion die meisten in der Brut oder Aufzucht ihrer Jungen befinden. Damit fehlt das erforderliche Futterangebot für Jung- und Altvögel oder ist vergiftet.

5.    Die Maikäfer selbst sind auch Futter für verschiedene Tiere, für größere Vögel wie den Eichelhäher und Turmfalke, für Käuze und Fledermäuse, aber auch für Säu­ge­tiere wie Igel, Spitzmaus und Dachs.

6.    Tränken für Vögel und kleine Säuger, die niemand aus dem Wald aussperren kann wie die Erholung suchenden Menschen, werden vergiftet.

7.    Der Schaden ist damit genauso unkalkulierbar wie der Nutzen.

 

Ausstellung zur Artenvielfalt

Auch die Stadt Darmstadt bekundet ihre Unterstützung

NABU-Beitrag zur Ausstellung
NABU-Beitrag zur Ausstellung

Gerade noch rechtzeitig im Jahr der Biodiversität eröffnete am 4. Dezember 2010 OB Walter Hoffmann die Darmstädter Wanderausstellung im Justus-Liebig-Haus.

Gemeinsam mit dem Umweltamt, dem Bioversum Kranichstein, dem botanischen Garten der Universität, dem Freundeskreis Eberstädter Streuobstwiesen, der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) und dem Naturwissenschaftlichen Verein präsentierte der NABU Darmstadt die Artenvielfalt rund um Darmstadt und ihre Bedrohung.

Um Pflanzen und Tiere zu schützen, muss man in erster Linie ihre Lebensräume erhalten. Und davon gibt es in und um Darmstadt eine ganze Reihe Besonderheiten: Die Sandtrockenrasen und Dünen der Oberrheinebene, die Streuobstwiesen und Magerrasenstandorte im Eberstädter Becken und die feuchten Wiesen und Wälder des Messeler Hügellandes. Mehrere hundert Tier- und Pflanzenarten leben hier, die nach EU-Recht geschützt oder streng geschützt sind.

OB Walter Hoffmann bei der Eröffnung
OB Walter Hoffmann bei der Eröffnung

Aber auch in der Stadt leben bedrohte Arten, denen jeder helfen kann. So haben mehrere Singvogelarten, Schwalben, Mauersegler und Fledermäuse als Kulturfolger vor Jahrtausenden unsere Häuser als Felsenersatz angenommen. Im Zuge der Energieeinsparungen werden diese aber immer besser abgedichtet und lassen keinen Unterschlupf für Tiere mehr zu.

Abhilfe können Nisthilfen schaffen, die außen am Haus angebracht werden. Hugo Schnur stellt in der Ausstellung eine kleine Auswahl davon an einer selbstgebauten Musterwand vor.

Hugo Schnur im Gespräch mit dem OB
Hugo Schnur im Gespräch mit dem OB

Einige Hausbesitzer haben Bedenken wegen einer möglichen Verschmutzung der Fassade durch Vögel oder Fledermäuse. Hier berät der NABU Darmstadt vor Ort, wie man die Verschmutzungsgefahr so gering wie möglich halten kann. Die Haltung einer Rat suchenden Hausbesitzerin sollte da Schule machen: „Ich möchte der Natur etwas zurückgeben, denn durch den Hausbau habe ich ihr ja ein großes Stück genommen.“