November 2021
Auf Einladung der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen gab es am 22.11.2021 auf dem Spargelhof Merlau mit Landwirten und Naturschutzorganisationen. Als letztere waren BUND und NABU eingeladen.
Nach kurzer Vorstellungsrunde referierte Hr. Kolmer nochmals zusammengefasst über das Vorgehen bzgl. der Planungen, bevor die Landwirte aufgefordert wurden, sich zu äußern. Anders als im PBG wurden die Standpunkte ruhig angehört. Die Stimmung blieb auch insgesamt erträglich. Ich fasse neue Informationen und Stellungnahmen inhaltlich zusammen.
Die Landwirte kritisierten die Erstinformation über die Pläne der Stadt durch eine Echo-Meldung. Der Rückgriff auf eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (§ 165 BauGB) stellte aus ihrer Sicht das „schärfste Schwert“ der öffentlichen Hand gegenüber privaten Landbesitzern dar. Diese gesetzliche Regelung lässt am ehesten Enteignungen von Grundbesitz zu. Die Antwort von OB Partsch dazu war überraschend, aber nachvollziehbar. Die Stadt wählte diesen Weg, um beim Bekanntwerden von städtischen Baumaßnahmen keine Spekulation um Grundstückspreise anzuheizen.
Alle Familienbetriebe in der Gemarkung Arheilgen und Wixhausen arbeiten seit mehreren Generationen. Auch die jüngere Generation stieg ein, um die Betriebe zu übernehmen. Die Anpflanzungen sind sehr abwechslungsreich und produzieren viel für den regionalen Markt. OB Partsch sagte den Landwirten zu, dass unabhängig vom Ergebnis der Untersuchungen alle Betriebe weiterbestehen sollten. Es sollte eine wesentlich geringere Fläche als die von CIMA vorgeschlagenen 100 bis 150 ha als Gewerbeflächen ausgewiesen werden.
Besonders für die Spargelbauer entstehen durch die Untersuchungen bereits erhebliche Schwierigkeiten. Spargelanbau wird für einen 10-Jahre-Zeitraum geplant. Mindestens 3 Jahre brauchen die Spargelpflanzen an Vorbereitung bis zur ersten Ernte, die dann meist 6 Jahre erfolgen kann. Mit den Untersuchungen sind nicht nur für diesen Zweig de
Zu den Absichten, das Gewerbegebiet ökologisch aufzuwerten, vertreten wir die Einschätzung, dass dadurch niemals das Potenzial der landwirtschaftlichen Flächen ausgeglichen werden kann. Grünflächen zwischen Gebäuden oder Dachbegrünung sind sinnvoll, können aber die Zerstörung des jetzigen Lebensraums vor allem für viele Feld- und Wiesenvögel nicht verhindern. Außerdem spielt die Klimathematik in dem Gutachten überhaupt keine Rolle.
Die Argumente aus Sicht des Natur- und Klimaschutzes wurden OB und Stadtrat sowie dem Fraktionsvorsitzenden im Anschluss an die Sitzung schriftlich übergeben. Wir bieten die Zusammenstellung hier zum Download an.
Dass seitens des NABU die Analyse von CIMA (Gutachter) für unseriös gehalten wird, dass aber auch die weiteren Informationen bei uns den Eindruck stärkten, dass die Stadt das Wachstum will. Als Belege dienten Äußerungen von CIMA im Planungsbegleitgremium sowie die Absicht zur „beschleunigten Bebauung“ aus der Ausschreibung. Zwischen den Aussagen und den schriftlichen Dokumenten gibt es daher einen Widerspruch, der uns misstrauisch macht.
Zwar distanzierten sich städtische Vertreter, dass nicht alles, was von CIMA geschrieben und gesagt wurde, der Auffassung des Magistrats entsprechen würde. Als Planungsbüro würde CIMA für ein Oberzentrum wie Darmstadt immer von Wachstum ausgehen. Zu den Zahlenspielen äußerte er sich nicht eindeutig. Letztlich blieb die Bewertung der vorgelegten Analyse allerdings offen.
OB Partsch betonte, dass er vor allem Wert darauf legt, dass man dem Magistrat die Ergebnisoffenheit der Untersuchungen abnimmen und statt Verschwörungstheorien ehrliche Gespräche führen sollte. Er benannte frühere Pläne, die an den Untersuchungsergebnissen gescheitert wären. Es gäbe keine persönlichen Interessen des Magistrats an den neuen Gewerbeflächen, sondern mehrere Anfragen, zum Beispiel von Start-Ups, die mit dem derzeit verfügbaren Flächenvolumen von 2 ha nicht zu befriedigen wären. Die Priorität für Wixhausen-Ost wäre wegen der Verlängerung der Straßenbahn entstanden.
Die Bedarfsanalyse nach den vorbereitenden Untersuchungen soll nach Abschluss der Untersuchungen nochmals wiederholt werden, um Corona-Effekte und andere unvorhergesehen Entwicklungen zu berücksichtigen.
Bei dem Treffen wurde mehrfach betont, dass Darmstadt seine Ambitionen als attraktive Stadt, insbesondere im Kultur- und Sportbereich nur erreichen kann, wenn es seine Gewerbesteuereinnahmen erhöht. Dazu muss es mehr Gewerbe anziehen. Viele wissenschaftliche Einrichtungen sind von der Gewerbesteuer ganz oder teilweise befreit, benötigen aber ebenfalls Flächen, was die Aufgabe der Wissenschaftsstadt noch erschwert, so der Oberbürgermeister.
Das Fatale an der Geschichte: Landauf landab hören wir dieses Argument von kleinen und größeren Kommunen. Dabei handelt es sich um einen Systemfehler bei der Finanzierung der Kommunen, um dessen Behebung sich eine ökologisch ausgerichtete Politik bemühen sollte, allerdings auf Bundesebene. Die Gewerbesteuer ist eine der wenigen Einnahmequellen, welche die Kommunen eigenständig gestalten können. Gleichzeitig, und hierauf basiert der Fehler, treten die Kommunen dabei in Konkurrenz zueinander. Die Folge ist: Immer mehr Kommunen auch um Darmstadt herum widmen Grünland und Ackerflächen in Gewerbeflächen um. Diese Politik muss zu einem Überangebot an Gewerbeflächen führen. Das wiederum bedeutet, dass deren Marktwert sinkt und Unternehmen günstige Bedingungen einfordern können, etwa bei Erschließungsmaßnahmen und Infrastruktur.
Flächenkonkurrenz zwischen Wohnbebauung und Gewerbe wurden ebenfalls als Argument für weitere Gewerbeflächen angeführt. Hierbei wurde übersehen, dass derzeit kein Anstieg der Bevölkerung mehr zu verzeichnen ist und der Wohnungsbau vorrangig finanzstarke Einwohner/innen bedient, während gleichzeitig der Sektor der Niedriglöhne deutlich ansteigt.